Steckst du in einer „Mid-Career-Crisis“?
So kommst du wieder raus!

Wieso es ziemlich normal ist, irgendwann in einer „Mid-Career-Crisis“ zu stecken und was du jetzt dagegen tun kannst.

Viele Karrierewege der heute Mittdreißiger bis Endvierziger sehen so oder ähnlich aus: Abitur, Studium und Praktika, der erste richtige Job. YAY!  In den ersten Jahren geht es dann auch recht steil die Karriereleiter rauf, vom Junior zum Senior Manager und vielleicht zum Team-oder Abteilungsleiter. Alle 2-3 Jahre muss ein nächster Schritt erfolgen, auf den wir oft sehr zielstrebig hinarbeiten. Wir lernen viel Neues, lernen uns durchzusetzen, das Spiel in der jeweiligen Firma mitzuspielen um weiter zu kommen. Die steigenden Gehalt-Checks fühlen sich gut an und wir machen einfach täglich weiter, vieles ist ja auch echt spannend und täglich gibt es neue Herausforderungen zu meistern. Soweit so gut. 

Irgendwann – und das kann früher oder später sein – kommt aber bei vielen der Punkt, an dem leise Zweifel aufkommen. Wo soll es denn eigentlich hingehen? Wieviel Karriereleiter möchte ich eigentlich noch mitgehen? Lerne ich noch etwas Neues? Macht mir wirklich noch Spaß, was ich da beruflich täglich tue? Habe ich genug Zeit für mich und die Dinge, die ich wirklich tun möchte? Welchen Sinn sehe ich eigentlich in meiner beruflichenTätigkeit? 

Oft ändern wir uns und unsere Wertvorstellungen über die Jahre. Die Zweifel werden lauter, eine latente Unzufriedenheit mit dem Job stellt sich ein. Niedrige Motivation, Frustration, Zweifel, manchmal der Wunsch nach etwas Anderem oder einem Berufswechsel werden lauter. Auf der anderen Seite stehen aber auch hier wieder viele zweifelnde Gefühle und Gedanken wie z.B.: „Ich sollte nicht undankbar sein“, „ich möchte nicht auf all die erarbeiteten Annehmlichkeiten verzichten“, „ich muss meine Familie ernähren“, „ich kann doch eh nichts anderes“. Die Gedanken kreisen viel um die berufliche Unzufriedenheit und die Fragezeichen lösen sich leider oft nicht von alleine auf, sondern halten uns in einer Grübel-Spirale gefangen.

Willkommen in der Mid-Career-Crisis. Ein relativ modernes Phänomen unserer Gesellschaft. Wir definieren uns heute sehr stark über unseren Beruf. Dieser muss für uns viele Funktionen erfüllen, neben dem ursprünglichen Sinn, dass er eben unser Leben finanziert. Schauen wir hier mal genauer hin. Was genau löst diese Mid-Carrer-Krise denn nun nach einigen Jahren im Beruf oft aus? 

Zu hohe Erwartungen 

Gerade wer mit sehr hohen Erwartungen in einen Job oder eine Karriere startet, ist irgendwann enttäuscht, wenn sich nicht alles so entwickelt wie erwartet. Tatsächlich wissen wir in den wenigsten Fällen bereits als Abiturient, wie wir leben und arbeiten wollen. Wir verfolgen bestenfalls ein Interesse mit dem Studium, aber wie der Arbeitsalltag dann wirklich aussehen wird, das liegt außerhalb unserer Vorstellungskraft. So rutschen viele von uns in Berufe, die nicht wirklich mit unseren Talenten, Interessen und Werten übereinstimmen, obwohl sie irgendwann mal so vielversprechend auf dem Papier geklungen haben. Manchmal sind es auch rigide Rahmenbedingungen, mit denen wir so nicht gerechnet hatten. Manchmal verändert sich der Beruf aber auch über die Jahre, bei dem stetigen Wandel der Arbeitswelt keine Seltenheit. Eine Weile läßt sich damit leben, aber irgendwann kann das zu viel Job-Frust führen. 

Die gläserne Decke 

Nach einigen Jahren im Unternehmen stellt man fest, dass es nach den ersten zügigen Karriereschritten nicht mehr wirklich viele Aufstiegschancen gibt. Vielleicht sogar nicht nur im eigenen Unternehmen, wo oft die Organisationsstruktur ein limitierender Faktor ist. Manchmal stellt sich raus, dass in der ganzen Branche die Führungspositionen rar sind und vielleicht dieser Weg auch einfach nicht den eigenen Fähigkeiten und Wünschen entspricht. Wenn die berufliche Weiterentwicklung stagniert und keine neue Vision entworfen werden kann, geht oft die Motivation verloren. Wozu sich weiter anstrengen, wenn es keine wirklichen Perspektiven im Unternehmen oder der Branche gibt?

Veränderungen im mittleren Lebensalter 

Es muss ja nicht gleich eine Mid-Life-Krise sein. Aber Fakt ist: Wir alle kommen irgendwann an den Punkt, wo wir nicht mehr ganz jung sind und unser ganzes Leben noch wie ein weißes Blatt vor uns liegt. Wir realisieren irgendwann sehr deutlich, dass wir nicht unendlich lang leben werden. Mit 20 machen wir uns darüber selten Gedanken. Nun haben wir vieles erreicht, aber für manche Dinge ist es vielleicht jetzt auch bereits zu spät. Die Sinnfrage beschäftigt uns öfter. Unsere Werte wandeln sich wenn unsere Persönlichkeit reift oder wir z.B. eine eigene Familie gründen. So ging es uns vielleicht als Berufsstarter darum schnell voran zu kommen, mehr zu verdienen, tolle Dienstreisen zu machen und in der Liga der „Großen“ mitzuspielen. Irgendwann sehnen wir uns nach mehr Zeit mit den eigenen Kindern oder schlicht nach mehr Zeit für uns und unsere Träume. Die aktuelle Karriere passt dann oft einfach nicht mehr zu der inneren Veränderung und Einstellung.

Es gibt also verschiedene Gründe, für die Mid-Career-Crisis. Wichtig ist es, sie nicht zu lange zu ignorieren sondern einmal genau hinzusehen und sich Gedanken darüber zu machen, was man verändern kann. Nicht immer ist es ein „Alles-muss-anders“, manchmal führen schon kleine Schritte zu mehr Zufriedenheit.

Wie gehe ich eine mögliche Mid-Career-Crisis nun am besten an?

  1. Zuallererst: Genau hinschauen. Nicht immer liegt einer aktuellen Unzufriedenheit gleich eine berufliche Krise zugrunde, die große Veränderungen bedarf. Manchmal sind wir einfach nur müde, überarbeitet oder tragen andere Sorgen mit uns rum, die sich auf unser Wohlbefinden auswirken. Der beste Test: Sich eine Auszeit nehmen. Nimm dir doch mal zwei Wochen Urlaub, am besten irgendwo, wo es dir wirklich gelingt deine Akkus aufzuladen. Also lieber mal Ruhe als allzu viel Action. Wie geht es dir am Ende des Urlaubs? Freust du dich wieder auf die Arbeit oder hast du Bauchschmerzen, wenn du an den ersten Arbeitstag denkst? Wie laufen die ersten Tage im Büro, hast du mehr Energie oder fällt es dir beinahe noch schwerer dich zu motivieren? 
  2. Love it. Change it. Or leave it. Wenn du merkst, dass auch ein längerer Urlaub kaum Erleichterung schafft, horche weiter in dich rein. Was passt für dich gerade nicht mehr im Job? Warum? Was müsste anders sein? Sind es Dinge, die du verändern kannst oder liegen sie außerhalb deines Einflussbereichs? Oft läßt sich mehr ändern, als wir glauben. Wenn wir erst mal wissen, was wir tatsächlich bräuchten um zufriedener zu arbeiten (statt einem diffusen Unzufriedenheits-Gefühl), läßt sich das auch leichter artikulieren und daraus dann Lösungsvorschläge, z.B. mit dem Vorgesetzten, erarbeiten. Vielleicht genügt ja schon eine 4-Tage-Woche oder flexibleres Arbeiten, das Abgeben oder Hinzunehmen von Aufgaben, ein neues Teammitglied, das Outsourcen von Projekten oder schlicht besseres Zeitmanagement, um den Spaß und die Motivation zurück zu holen.
  3. Nötige Veränderungen aktiv angehen. Wenn die Möglichkeiten im aktuellen beruflichen Setting ausgeschöpft erscheinen, wird es Zeit sich mit Job-Alternativen auseinanderzusetzen. Dazu ist eine Bestandsaufnahme der eigenen Talente, Fähigkeiten, Interessen, Motivationen und Werte der erste Schritt. Auf dieser Basis gilt es neue Lebensvisionen zu entwicklen. Und dann in die Ideenfindung für neue berufliche Optionen zu gehen. Es gibt immer eine Vielzahl an Alternativen und Möglichkeiten für eine berufliche Veränderung. Und es macht absolut Sinn hier erst einmal in die Breite zu gehen, bevor man sich wenige Richtungen aussucht, die spannend erscheinen. Diese Jobideen testet man am besten Schritt für Schritt, so merkt man ob diese wirklich zu einem passen und/oder vielversprechend und tragfähig sind. Die Methode „Life Design“ kann ich eine tolle Unterstützung sein, um die berufliche Veränderung kreativ, offen und mit mehr Leichtigkeit anzugehen. Basierend auf den Prinzipen des Design Thinking geht es vor allem darum, den Verstand aus alten eingefahrenen Bahnen zu holen und sich selbst auf Veränderung, Ausprobieren und Ins-Tun-Kommen zu polen.  
  4. Positives Mindset. Der Prozess der Veränderung ist selten ein einfacher. Zuviel Existentielles hängt an beruflichen Entscheidungen, als dass diese leichtfertig getroffen werden. Angst, Zweifel, Erschöpfung und Unsicherheiten stecken hinter fast jeder beruflichen Veränderung, selbst wenn „nur“ der Arbeitgeber gewechselt wird. Sobald es um größere Schritte oder gar eine komplette Neuorientierung geht, ist es umso wichtiger, dass du gut für dich und deine mentale Gesundheit sorgst um gut durch diese super spannende, aber auch oft fordernde Phase zu kommen. Es ist z.B. hilfreich eine klare Vision zu haben, wie du dir Leben & Arbeiten vorstellst, diese kann dein Fixstern sein, auch in schweren Phasen zwischen „nicht-mehr-im-Alten“ aber „noch-nicht-im-Neuen“. Es ist sinnvoll sich Ruhepausen zu gönnen und sich in Achtsamkeit zu üben, sowie vor allem am eigenen Selbstvertrauen zu arbeiten. Je größer das Vertrauen in sich selbst und den Prozess der Veränderung, desto erfüllender ist der Weg der Veränderung.
  5. Bestmögliche Vorbereitung. Außerdem solltest du Klarheit über deine Stärken, aber auch deine Schwächen haben, um mögliche Roadblocks der beruflichen Veränderung frühzeitig zu erkennen und gegen wirken zu können. Du solltest wissen, wo du dir Unterstützung holen kannst (am besten hast du ein ganzes Team an Supportern). Wichtig ist es auch, deine Finanzplanung für dich klar zu haben (Was kann ich mir leisten? Was möchte ich verdienen? Wie lange kann ich ggf. weniger verdienen wenn es sein muss? Was sind meine langfristigen Ziele?) um nicht in Panik zu verfallen, sollte z.B. eine Selbstständigkeit nicht sofort die erhofften Umsätze erzielen oder die Jobsuche länger dauern. Wenn du dich für einen Branchenwechsel oder gar Quereinstieg entscheidest, ist es auch wichtig, eine gute Vorbereitung zu haben: Wie kannst du dein zielführend Netzwerk erweitern? Wie kannst du deine Bewerbung so aktualisieren, dass deine übertragbaren Fähigkeiten bestmöglich klar werden? Welche Optionen gibt es überhaupt, um dich bei potentiellen Arbeitgebern ins Spiel zu bringen? Wie kannst du in Gesprächen überzeugen? 

Das klingt alles ganz schön anstrengend? Das kann es auch sein. Aber halte dir immer vor Augen: Dein Leben ist ein Geschenk. Es ist endlich. Und wir wissen nicht wie lange wir auf dieser Erde sein werden. Möchtest du deine endliche Lebenszeit wirklich tagein, tagaus mit Dingen füllen, die dir keine Freude bereiten oder deine berufliche Unzufriedenheit nicht besser endlich aktiv angehen? Insbesondere da wir hierzulande den „Luxus“ besitzen, dies in relativer Sicherheit tun zu können? Manchmal bedarf es mutiger Veränderungen um einen Schritt in ein erfüllteres Berufsleben zu gehen. In jedem Fall solltest du nicht allzu lange in der Frust-Spirale stecken bleiben, besser wird es ganz selten von alleine, im schlimmsten Fall kann das sogar krank machen.

Es macht  auch ganz oft Sinn sich auf dem Weg durch berufliche Veränderungsprozesse professionelle Unterstützung zu suchen, wenn man alleine nicht weiter kommt. Schließlich haben wir nie gelernt, wie wir einen Beruf finden, der wirklich zu uns passt oder wie wir mit einer Mid-Career-Crisis umgehen. 

Also auch hier kann ich nur sagen: Nur Mut! Suche dir einen Coach, Mentor oder Berater deines Vertrauens wenn du das Gefühl hast festzustecken. Es kann unglaublich gut tun ein wenig „an die Hand genommen zu werden“ bei solch einer lebensverändernden Entscheidung. Aus eigener Erfahrung und der meiner Kunden kann ich nur sagen: Es lohnt sich! 

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Nina Lehmann

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